Antwort an die Geschäftsstelle der Bundesbeauftragten für Drogenfragen
Bundesministerium für Gesundheit
Friedrichstr. 108, D-10117 Berlin
e-mail:   Uwe.Schaefer@BMG.bund.de
Internet: www.drogenbeauftragte.de
Betreff:
Re: Ihr Schreiben an Herrn MdB Erwin Rüddel
Von:
"Wolf 1" <wolf.hemp@online.de>
Datum:
Thu, 25 Feb 2010 23:30:00 +0100
An:
Schäfer, Uwe -AS2 BMG <Uwe.Schaefer@bmg.bund.de>

Sehr geehrter Herr Schäfer,
 

ich bedanke mich für Ihre Antwort auf meine Frage an den CDU-Bundestagsabgeordneten Rüddel aus meinem Wahlkreis.

 

Gleichzeitig bin ich erstaunt, daß Ihr Schreiben bis auf zwei eingefügte Absätze die Fraktionsmeinung der FDP darstellen soll, wie es aus einem anderen Schreiben an mich hervorgeht.

 

Ich bin schon überrascht, daß Drogenbeauftragte und FDP-Fraktion identisch sind, zumindest was das Thema angeht.

 

Trotzdem möchte ich die Gelegenheit nutzen, ihr Schreiben zu kommentieren:

 

Inhaltlich sind nicht nur Fehler enthalten, mit der Praxis haben die Ausführungen wenig zu tun, wer dieses mangelhafte Schreiben auch immer verfaßt haben mag.

 

Sie beklagen in Ihrem Schreiben die unterschiedlichen Regelungen zum Nichtraucherschutz in Gaststätten und fordern darüber hinaus, den Absatz 2 des § 5 der Arbeitsstättenverordnung zu streichen.

Wie Sie in Ihrem Schreiben zutreffend bemerken, ist der Nichtraucherschutz in Gaststätten eine Angelegenheit der Bundesländer.

 

Das Gaststättenrecht ist aufgrund der Föderalismusreform auf die Länder übergegangen, der Arbeitschutz, der für die Beschäftigten in den Gaststätten gilt, ist NICHT auf die Länder übergegangen!

Zudem haben die Länder ihre Regelungen, nicht nur für Gaststätten, sondern auch für öffentliche Gebäude, teils auch in Handelseinrichtungen, nicht im Gaststättenrecht sondern in separaten Nichtraucherschutzgesetzen verankert.

 

Hierauf haben sich die Gesundheitsminister der Länder verständigt, weil so am ehesten den unterschiedlichen Regelungsbedürfnissen der Bundesländer aufgrund ihrer regionalen Besonderheiten Rechnung getragen werden konnte.

 

Na klar, Tabakrauch ist in Bayern nicht so gefährlich wie in NRW, deshalb brauchen wir unterschiedliche Gesetze aufgrund der regionalen Besonderheiten.

Solche Aussagen bezogen auf den Nichtraucherschutz sind lächerlich!

 

Alle bisher getroffenen Regelungen zum Nichtraucherschutz in Gaststätten entsprechen den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen. So gilt in Gaststätten und Restaurants ein Rauchverbot, mit der Ausnahme von abgetrennten Nebenräumen. Der Nichtraucherschutz wurde so für den überwiegenden Teil der Gaststätten wesentlich verbessert.

 

Das ist Theorie, schauen Sie mal nach NRW, wo sie in manchen Städten kaum eine rauchfreie Kneipe oder Gaststätte finden, vieles ist zum Raucherclub mutiert, sogar Eiscafes.

 

Für die in der Öffentlichkeit viel diskutierten, aber hinsichtlich Ihrer Anzahl und der Zahl ihrer Gäste vergleichsweise wenig bedeutenden Einraumgaststätten wurde den Betreibern die Möglichkeit gegeben, sich für oder gegen ein Rauchverbot zu entscheiden.

 

Wenn in einem Dorf nur eine Kneipe ist und dort wird geraucht, heißt das: Zu Hause bleiben, den Qualm ertragen oder weit wegfahren um etwas rauchfreies zu finden.

Wenn es sich um eine Familienfeier handelt, dann hat man gar keine Wahl.

 

Da im Fall einer Raucherlaubnis Personen unter 18 Jahre keinen Zutritt haben, ist die Jugend besonders vor Passivrauch geschützt.

 

Sie kennen offensichtlich nicht das rheinland-pfälzische NR-Schutzgesetz. Es erlaubt Minderjährigen den Zutritt zu Raucherkneipen und Raucherräumen.

Das können Sie gern mal mit ihren rheinland-pfälzischen Parteifreunden diskutieren, warum sie dem zugestimmt haben.

Es ist wirklich sehr bedauerlich, dass man in Rheinland-Pfalz Jugendliche unter 18 Jahren in Raucherkneipen läßt und somit den Nichtraucherschutz für diese Gruppe außer Kraft setzt.
Eine Kneipe in Kaiserslautern bietet Jugendlichen die Möglichkeit an, Pool Billard, Dart u.ä.  zu spielen und Rockmusik zu hören. Deshalb gehen sie da gerne hin. Der Sohn meiner Bekannten ist Nichtraucher, er möchte aber nicht aus der Gruppe ausgeschlossen werden, also geht er mit.
Was nutzt mir da die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes? Alkohol nein, giftiger Zigarettenqualm ja. Ich sage: Absurd.

Hinsichtlich des Nichtraucherschutzes am Arbeitsplatz informiere ich Sie gern darüber, dass sich die EU-Kommission zur Zeit mit der Ratsempfehlung vom 1. Dezember 2009 zu rauchfreien Umgebungen befasst. Die Empfehlung soll die Mitgliedsstaaten in ihren Bemühungen unterstützen, die Bevölkerung vor Passivrauchen, u.a. am Arbeitsplatz, zu schützen. Die Entscheidung der EU-Kommission ist vorerst abzuwarten.

 

Dazu gehören zurecht auch die Arbeitsplätze in der Gastronomie! Wer hier blockiert ist allerdings bekannt.


Sie fordern in Ihrem Schreiben außerdem ein Verbot von Zigarettenautomaten und den Verkauf von Zigaretten im Einzelhandel und an Kiosken. Hierzu ist zunächst zu sagen, dass der Jugendschutz gesetzlich durch das Verkaufsverbot an Personen unter 18 Jahren garantiert wird. Dies ist in der Praxis an Zigarettenautomaten durch die Einführung des obligatorischen Altersnachweises per Chipkarte gewährleistet.

 

Das Verkaufsverbot wird nicht dadurch realisiert, daß es im Gesetz steht, sondern daß es kontrolliert wird.

 

Wie die Praxis aussieht, können Sie hier nachlesen:

 

http://www.forum-rauchfrei.de/

Hier ein Auszug:

Presseerklärung                                                                             18.02.10

Zigarettenkauf – ein Kinderspiel
Felix Müller (17 Jahre) hat für das Forum Rauchfrei gestern in der Warschauer Straße in Berlin-Friedrichshain bei 14 von 16 Tabakverkaufsstellen Zigaretten kaufen können. Johannes Spatz, Sprecher des Forums, empört sich. Es sei ein Skandal, dass es Jugendlichen immer noch leicht gemacht werde, an Zigaretten heranzukommen. Egal ob Kiosk oder Bio-Supermarkt, an den Jugendlichen wurden überall Zigaretten verkauft. Es wurden sämtliche Tabakverkaufsstellen der Warschauer Straße erfasst (sieben Kioske, vier Spätkauf / Minimärkte, zwei Supermärkte, ein Drogeriemarkt, und zwei Cafés). Das Forum Rauchfrei wird bei dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg Anzeige erstatten.

 

Die Einführung der Chipkarte hat außerdem dazu geführt, dass die Zahl der Zigarettenautomaten in den letzten Jahren von ca. 800.000 auf weit unter 500.000 zurückgegangen ist.

 

Das sind noch 500 000 zuviel, in fast allen Ländern sind Automaten unbekannt.

 

Chipkarten können von Älteren und von den Eltern geliehen werden und bieten keinen Schutz vor unkontrolliertem Tabakkauf durch Minderjährige.

Nur eine Reduzierung auf lizenzierte Verkaufsstellen bewirkt eine wesentliche Verbesserung.

 

Bei der Einhaltung des Jugendschutzes im Handel sind in der Praxis jedoch zweifellos noch Verbesserungen möglich. Hier sind aber nicht nur die Ordnungsbehörden und der Handel, sondern auch die Erziehungsberechtigten aufgefordert, einen Beitrag für einen besseren Schutz der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu leisten.

 

Aussagen wie  "sind ...noch Verbesserungen möglich..." stellt eine Verharmlosung dar. Wenn Minderjährige in 14 von 16 Verkaufstellen Tabakwaren bekommen, dann ist das ein Skandal, wo Konsequenzen gezogen werden müssen.

 

Häufige Testkäufe und drastische Strafen, würden das Problem recht schnell beenden.

 

Wo ist hier die Initiative der Drogenbeauftragten, die sich ja angeblich für Prävention stark macht?

 

Erziehungsberechtigte haben hier kaum Einfluß, besonders dann, wenn sie selbst rauchen.

 

Sachliche und fundierte Informationen über die Gesundheitsrisiken des Rauchens und klare Absprachen können hier langfristig mehr bewirken als Verbote.

 

Es funktioniert nur ein Mix aus Prävention, Information und Restriktion. Da sich die FDP nur für Prävention und Information ausspricht und sich dem wichtigen dritten Teil verweigert, laufen die Bemühungen ins Leere.
Es gibt kein ENTWEDER ODER, sondern nur ein UND-UND-UND.



Dies gilt sinngemäß auch für die in Ihrem Schreiben angesprochenen Tabakwerbeverbote, die - mit Ausnahme der  Plakataußenwerbung und im Kino ab 18 Uhr - in Deutschland bereits sehr umfassend sind.

 

Von umfassenden Werbeverboten zu reden, ist wohl nicht ihr Ernst. Gerade die große Plakatwerbung zeigt Kindern und Jugendlichen, wenn so massiv dafür geworben wird, kann das Rauchen ja gar nicht so schlimm sein.

Diese Werbeträger gehören weg, so wie sie übrigens in den meisten Ländern völlig unbekannt sind.

 

Als Drogenbeauftragte muß sich Frau Dyckmans dafür einsetzen, daß auch diese Werbung auf Plakatwänden und in Kinos verschwindet.

 

Kinder und Jugendliche sollten vor allem lernen, selbstbewusst "Nein" zum Rauchen zu sagen. Erziehungsberechtigte sollen daher Angebote erhalten, auf die sie zurückgreifen können, wenn sie eine solche Unterstützung benötigen.

 

Asoziale oder rücksichtlose Eltern erreichen Sie damit gar nicht, denn dort beginnen die meisten Raucherkarrieren, je niedriger der Bildungstand umso mehr wird geraucht.


Während bei der erwachsenen Bevölkerung nur ein geringfügiger Rückgang des Nikotinkonsums zu verzeichnen ist, konnte durch die Anstrengungen in der Tabakprävention der letzten Jahre bei Kindern und Jugendlichen ein Trendwechsel zum Nichtrauchen erreicht werden. Dies ist ein sehr wichtiger Erfolg.

 

Auch bedingt durch Tabaksteuererhöhungen, die dürfen nicht vergessen werden!

 
Die FDP, der die Drogenbeauftragte angehört, hat daran allerdings keinen Anteil. Sie hat gebremst, wo es nur geht, um der Tabakindustrie in keiner Weise zu schaden, schließlich gibt es von dort ja auch Parteispenden, parlamentarische Abende oder Unterstützung bei Parteitagen.
 
Mir dieser Klientel darf man es sich nicht verderben. Zumindest war das bisher immer die Politik der FDP.


Nach der letzten Befragung der Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ist der Raucheranteil bei den 12- bis 17-Jährigen Jungen und Mädchen seit 2001 deutlich gesunken. Insgesamt rauchten im Jahr 2008 noch 15% in dieser Altersgruppe, 2001 waren es noch 28%.

Dieser Erfolg ist ein Ergebnis der gesetzlichen und präventiven Maßnahmen, wie der "rauchfrei"-Kampagne der BZgA auf Bundes- und Landesebene oder das Abgabeverbot an Minderjährige sowie die Einführung der Nichtraucherschutzgesetze in öffentlichen Einrichtungen, im öffentlichen Personenverkehr und in der Gastronomie.

 

Ich hoffe, daß Sie über meine Aussagen und auch Fakten mal nachdenken und die Drogenbeauftragte keine Fraktionsmeinung mehr kundtut, denn Sie ist in ihrer Funktionen der gesamten Bevölkerung und nicht der FDP verpflichtet.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Wolf Hempel