Sehr geehrte Frau Mag. Mikl-Leitner

Im derstandard.at - Interview vom 15.2.13 meinten Sie: "Ich will Kinder und Jugendliche schützen.
Die Haartests sollen helfen, den Verlauf von Drogenkarrieren festzustellen, um rechtzeitig Hilfe und Therapie anzubieten." Ist Ihnen bewusst, dass es derzeit in Österreich kaum 200 Drogentote gibt, während jedes Jahr mehr als 10.000 Tabaktote zu beklagen sind? Nahezu alle Raucher begannen bereits im Kindes- und Jugendalter. Die Suchtpotenz von Nikotin ist fast so hoch wie von Heroin. Kinder und Jugendliche werden massenweise süchtig, mit 15 Jahren rauchen bereits 25% (siehe HBSC Studie). Sie kommen ganz offensichtlich problemlos an Tabakprodukte heran. Niemand weiß in dem Alter über Sucht, Krebs, Herzinfarkt oder Schlaganfall Bescheid.

Ich wohne in Laa an der Thaya. Wie Sie sicher wissen, gibt es in ihrer Heimatregion kaum ein rauchfreies Lokal. Diskotheken und Landgasthäuser sind so gut wie immer verraucht, meist ignoriert man das Gesetz völlig. Kinder und Jugendliche dürfen verrauchte Lokale aufsuchen. Kinder werden aber auch zuhause und im Auto nicht vor Passivrauch geschützt. Die Folgen sind z.B. Asthma, Atemwegsinfekte, und sogar der plötzliche Kindstod. Jede andere Kindesmisshandlung würde bestraft. Man kann eine Passivrauchbelastung über die Abbauprodukte des Nikotins (Cotinin)  nachweisen, und rücksichtslose Eltern auf ihre Verantwortung aufmerksam machen, aber bisher zeigte man kein Interesse Kinder zu schützen.

In den Schulen, die meine Kinder besuchten (in Laa und Mistelbach) gibt es einen Raucherhof. Dort rauchen Lehrer und Schüler gemeinsam. Wie soll man so einem Minderjährigen glaubhaft vermitteln, dass Rauchen schädlich ist? Ich bin Arzt für Allgemeinmedizin und unterrichte in verschiedenen Krankenpflegeschulen. Meine Schüler sind an Medizin und Gesundheit interessiert, trotzdem rauchen bereits 40% meiner 17-jährigen Schülerinnen und Schüler (in einer Klasse waren es 60%). Obwohl sie viel über die Folgen des Tabakkonsums lernen und im Praktikum mit eigenen Augen die Auswirkungen sehen, schaffen es nur wenige damit aufzuhören. 

Tabakprodukte sind ein krebserregendes, toxisches Suchtmittel. Müsste so ein Produkt nicht besonders stark reguliert werden, gerade weil es legal erhältlich ist? In Deutschland ist das Rauchen erst ab 18 erlaubt, der Zutritt zu Raucherräumen ist für Jugendliche unter 18 verboten. Es gab zahlreiche erfolgreiche Präventionskampagnen an deutschen Schulen. Innerhalb weniger Jahre sank dort die Zahl der jugendlichen Raucher auf unter 12%. In Österreich lässt man Kinder und Jugendliche weiterhin skrupellos in die Suchtfalle tappen.

Wenn Sie den Schutz von Kindern und Jugendlichen wirklich ernst meinten, dann ist bei Tabakprodukten der Handlungsbedarf doch noch viel größer als bei illegalen Drogen. Bisher war die Diskussion bei Tabak von den Argumenten der Lobbyisten und Vertretern der Gastronomie bestimmt. Die Mitglieder der Initiative Ärzte gegen Raucherschäden möchten die Diskussion durch belegbare wissenschaftliche Informationen auf eine sachliche Ebene bringen. Wir bitten Sie deshalb um einen Termin für ein persönliches Gespräch!

Mit freundlichen Grüßen

MR Dr. K. Aigner (Linz), Univ.Prof. Dr. M. Neuberger (Wien), Dr. S. Strasser (Laa/Thaya)