In den vergangenen Monaten bemühten wir uns, durch eine parlamentarische Bürgerinitiative auf den fehlenden Nichtraucherschutz aufmerksam zu machen, ein Missstand der, auch nach sehr konservativen Schätzungen, jährlich zu hunderten fremdverschuldeten Todesfällen führt. Jährlich beginnen etwa 20.000 Minderjährige mit dem Rauchen. Kinder und Jugendliche kommen also problemlos an ein Suchtmittel heran. Nichtraucherschutz und Tabakprävention sind in Österreich ganz offensichtlich unzureichend geregelt.

Fremdverschuldete Todesfälle und die Weitergabe eines Suchtmittels an Minderjährige sind schwerwiegende Probleme unserer Gesellschaft, die vom Gesundheitsministerium zwar bestätigt, aber gleichzeitig auch beschönigt werden. Es ist traurig, dass man durch eine Initiative erst darauf hinweisen musste, es ist aber eine Schande, dass dieses wichtige Bürgeranliegen in keiner Weise ernst genommen wurde. Es drängt sich der Verdacht auf, dass das Thema bewusst unfair behandelt und vorzeitig abgewürgt wurde. Wir möchten das genauer aufzeigen, und deshalb den Ablauf der Initiative aus unserer Sicht darstellen:
  1. Die Laufzeit einer Initiative ist nicht vorhersehbar, verschiedene Initiativen haben unterschiedliche Laufzeiten.
    Die Organisation einer Initiative, die von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden soll, bringt einen erheblichen Aufwand mit sich (Erstellung einer Webseite, Mobilisierung potentieller Unterstützer und Multiplikatoren). Bei der Einreichung der Bürgerinitiative erhielten wir von der Parlamentsdirektion die Information, dass der Zeitraum für die Möglichkeit einer Online-Unterstützung nicht genau definiert ist, die erste Ausschusssitzung wäre voraussichtlich im November. Im November wurde die Initiative aber bereits „durch Kenntnisnahme erledigt“. Die Laufzeit einer Initiative ist also nicht abschätzbar. Manche Initiativen, die nur wenige Online-Unterstützer fanden, liefen über viele Monate, unserer Initiative gab man noch nicht mal 3 Monate. Ein ausreichender Zeitrahmen ist aber eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Abwicklung.
    Unterschiedliche Laufzeiten (speziell der Online-Unterstützung) und grobe Unterschiede in der Abwicklung sind nicht fair.
  2. Die Zahl der Unterstützer einer Bürgerinitiative (Unterschriften auf Papier) wird weder festgestellt noch veröffentlicht.
    Die Zahl der Online-Unterstützer hat keine nachvollziehbare Auswirkung auf die Behandlung der Initiative.
    Die Parlamentsdirektion interessierte sich zu Beginn lediglich dafür, ob mehr als 500 Unterstützer erreicht wurden. Später nachgereichte Unterstützungen auf Papier waren ebenso uninteressant.  Die einzige Zahl, die im Internet sichtbar ist, ist die Zahl der Online - Unterstützer. Sie dient angeblich zur Orientierung für die Abgeordneten, ist aber offensichtlich irrelevant. Manche Initiativen mit nur wenigen Unterstützern fanden viel Beachtung, es wurden zahlreiche Stellungnahmen von unterschiedlichen Ministerien eingeholt, sie wurden umfangreich diskutiert und schließlich an den zuständigen Ausschuss zugewiesen. Unsere Initiative hatte in einem kurzen Zeitraum zahlreiche namhafte Unterstützer (Betroffene, Ärzte, Wissenschaftler, Universitätsprofessoren, Ärztekammer, med. Fachgesellschaften...) wurde aber sofort „durch Kenntnisnahme erledigt“. Auch diese Ungleichbehandlung ist offensichtlich und nachweisbar.
  3. Die Sicherheitsabfrage (Captcha) für die Unterzeichnung im Internet war extrem schlecht lesbar. Wir erhielten viele Rückmeldungen, dass potentielle Unterstützer mehr als 10 Mal versucht haben zu unterzeichnen, aber an den unleserlichen Buchstaben gescheitert sind. Die Parlamentsdirektion versprach nach mehrfacher Urgenz eine Verbesserung, dazu kam es aber während der Laufzeit unserer Initiative nicht. Für neuere Initiativen werden bereits bessere Captchas verwendet, die vergleichsweise leicht lesbar sind. Damit stellt sich die Frage, weshalb das für unsere Initiative nicht möglich war. Es bleibt der Eindruck einer bewussten Ungleichbehandlung.
  4. Diskussionen sind unerwünscht, die Initiatoren haben kein Recht darauf, angehört zu werden.
    Die Initiatoren einer Bürgerinitiative werden über den aktuellen Stand nicht informiert. Wir mussten selbst recherchieren, dass unsere Initiative in der Ausschusssitzung im Oktober bereits behandelt wurde und dass Stellungnahmen vom Wirtschaftsministerium und vom Gesundheitsministerium erbeten wurden. Das Ministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend verweigerte "mangels Zuständigkeit" die Stellungnahme, obwohl wesentliche Punkte der Initiative den Bereich Jugend betrafen. Eine neuerlich Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums wurde aber nicht erbeten. Das Gesundheitsministerium vertrat in seiner Stellungnahme Positionen, die man üblicherweise von der Tabakindustrie hört. Die Stellungnahme ist in vielen Punkten nicht nachvollziehbar und wirft Fragen auf. Die Österreichische Gesellschaft für Kinder und Jugendheilkunde, die Suchtberatungsstelle VIVID und die Initiative Ärzte gegen Raucherschäden sandten deshalb sofort Erwiderungen.  Es gab keine Antwort auf unsere Schreiben. Am Tag vor der Ausschusssitzung erhielten wir zwar kurzfristig einen Termin bei Mag.a. Rosa Lohfeyer. Sie schien unsere Argumente zu verstehen und versprach ihre Fraktion zu informieren. Trotzdem stimmte auch die SPÖ dafür, die Initiative „durch Kenntnisnahme zu erledigen“. Für diese Kenntnisnahme, die einer Abweisung gleichkommt, gab es keine Begründung. Obwohl viele Fragen offen blieben, gab es keine Diskussion. Weshalb unser Anliegen nicht diskussionswürdig war, erfuhren wir nicht.
Fazit: Das Parlament hat zwar die angebliche Möglichkeit einer Bürgerbeteiligung geschaffen, sie nimmt den Bürger aber nicht ernst. Der Bürger ist lediglich ein Statist in einem undurchsichtigen Spiel, dessen Verlauf nicht vorhersehbar ist. In diesem Verfahren hat der Bürger weder die Möglichkeit einer ernsthaften Diskussion noch das Recht darauf, im weiteren Verlauf angehört zu werden. Initiativen werden ungleich behandelt, das Verfahren ist in keiner Weise fair und nachvollziehbar. Österreich ist im Korruptionsindex deutlich abgerutscht, der Staat wird immer mehr als Selbstversorgungseinrichtung korrupter Politiker wahrgenommen, dem man als Bürger ohnmächtig gegenüber steht. Das rasche Abwürgen dieses unliebsamen Themas und der Ablauf der Initiative haben diesen Eindruck verstärkt.

Aus dem Plenum wurde von der Nationalratssitzung am 30.1.2013 nur berichtet:
"Lohfeyer (SPÖ) befasste sich zudem mit der Bürgerinitiative Nr. 46 zum Thema Tabakprävention, in der vor allem ein besserer Schutz von Kindern und Jugendlichen gefordert wird."
"Abgeordnete Ursula HAUBNER (BZÖ) erinnerte daran, dass der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen in den letzten Jahren intensiv weiterentwickelt und sehr viel Leben hineingebracht wurde. Nun müsse man aber einen Schritt weiter gehen und alle Hürden beseitigen, um ein modernes Petitionsrecht im Rahmen des geplanten Demokratiepakets auf die Beine zu stellen, forderte die BZÖ-Mandatarin. Ein wichtiger Punkt für sie wäre etwa die Abschaffung der notwendigen Unterschrift von Abgeordneten beim Einbringen von Petitionen. Außerdem wünschte sie sich das gesetzlich verankerte Rederecht des Erstunterzeichners sowie verbindliche Regelungen bezüglich der Zuweisung zu Fachausschüssen. Haubner brachte sodann noch einen Entschließungsantrag betreffend Ausarbeitung eines Aktionsplans zur Rauchprävention für Kinder und Jugendliche ein." Im letzten Satz des Protokolls heißt es dazu lakonisch: "Der Entschließungsantrag des BZÖ zum verbesserten Nichtraucherschutz von Kindern und Jugendlichen wurde mehrheitlich abgelehnt."
Wer soll solchen Politikern noch glauben, sie dächten an unsere Zukunft? Missbrauchen sie Kinder nur für ihre Phototermine und unsere Jugend für ihre Sonntagsreden, während sie eiskalte Geschäfte machen?