Betreff: am Punkt: „Heimat bist du starker Raucher“
Von: "Dr. Stefan Strasser" <stefan@ganz.priv.at>
Datum: 01.12.2013 15:18
An: Manfred Neuberger <manfred.neuberger@meduniwien.ac.at>, alexandra.damms@atv.at, sylvia.saringer@atv.at, karin.kadenbach@europarl.europa.eu
Kopie (CC): Aigner Kurt Prim Dr <kurt.aigner@gmx.at>

Zunächst herzlichen Dank für Ihre Sendung „Heimat bist du starker Raucher“. 
Österreich hat keinen funktionierenden Nichtraucherschutz, deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass ATV das Thema aufgegriffen hat.

Meinen besonderen Dank an Herrn Prof. Neuberger, er war tatsächlich „am Punkt“:
Der Schutz der Kinder, der Arbeitnehmer und schließlich aller Nichtraucher hat Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen. Nichtraucherschutz rettet Leben.  Die Rauchbefürworter sprachen von einem legalen Genussmittel und Bevormundung. Aber Legalität berechtigt nicht dazu, andere zu schädigen. Tabakrauch verhindert, dass Herz- und Lungenkranke gefahrlos Lokale aufsuchen können. Prof. Neuberger hat klar gesagt, dass damit 1 Million chronisch Kranker benachteiligt werden.

Karin Kadenbach hat sich leider nicht klar positioniert. 16 ist das Haupteinstiegsalter für Jugendliche in die Nikotinsucht. Es ist unerheblich ob man mit diesem Alter schon wählen darf, eine Wahl ist schließlich kein Suchtmittel. Es ist völlig unrealistisch, zu erwarten, dass Jugendliche in dem Alter bereits über die Gesundheitsgefahren Bescheid wissen. Sogar stark süchtige erwachsene Raucher leugnen ihre Sucht, aber von einem Jugendlichen erwartet man nun, dass er die Gefahr abschätzen kann? Wer weiß mit 16 tatsächlich, welche Konsequenzen Krebs, Herzinfarkt oder ein Schlaganfall haben?
Ihrer Meinung nach sollten sich die Menschen „von sich aus gegen das Rauchen entscheiden“.  Sie ignoriert damit, dass die Menschen durch Werbung über Jahrzehnte manipuliert wurden, dass Tabakprodukte noch immer als Kulturgut verherrlicht werden, und der Griff zum Suchtmittel noch immer als freie Willensentscheidung verkauft wird. Die Entscheidung für oder gegen das Rauchen findet nicht durch eine unbeeinflusste Meinungsbildung statt. Jugendliche orientieren sich an einer Gruppe und an Vorbildern. Vorbilder für rücksichtsloses Suchtverhalten haben Jugendliche aber in der überwiegenden Mehrheit der österreichischen Lokale. Die in der Diskussion immer wieder vorherrschende Meinung, Verbote würden nichts bringen oder sogar Tabakprodukte verlockender machen, ist schlicht falsch! Nikotinprodukte sind legal, 14.000 vorzeitige Todesfälle durch aktive Raucher und bis zu  1.000 vorzeitige Todesfälle bei Passivrauchern sind unbestritten. Drogen wie Heroin, Kokain, Crack haben eine deutlich höhere Suchtpotenz, sie sind verboten und die Zahl der Todesfälle liegt trotzdem bzw. genau deshalb weit darunter (wenige 100). Wirksame Verbote sind also lebensrettend! Rauchverbote schränken lediglich die Freiheit jener ein, die sich durch Rücksichtslosigkeit das Recht herausgenommen haben, andere durch ihr Genussmittel zu schädigen. Für ein Genussmittel gibt es keine Notwendigkeit,  fremdschädigendes Verhalten ist mit Genuss niemals zu rechtfertigen! Rauchverbote geben den Nichtrauchern also ihre rechtmäßige Freiheit zurück!

Ihre Sendung hatte leider durch die Bewertung von Herrn Seidl und die angeblich „repräsentative Umfrage“ stark an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Seidl ist als „Bierpapst“ der Gastronomie nahestehend. Er sprach sich bereits früher gegen Rauchverbote aus und war auch in seiner Analyse sehr unsachlich und manipulativ. Seidl lügt frech, Prof. Neuberger hätte behauptet "die Leute würden nicht sterben wenn sie nicht rauchen würden". Er kritisiert Kadenbach für ihren Einsatz, bei Kindern eine Stimmung gegen das Rauchen zu erzeugen. Er meinte, ein kulturelles Umdenken „geht nicht über Verbote das geht über Lebensart“. Vorschläge, wodurch dieses kulturelle Umdenken stattfinden sollte, blieb er schuldig. Wozu die österreichische Lebensart der letzten Jahrzehnte geführt hat, sieht man aber an der extremen Anzahl an jugendlichen Rauchern! In der ATV - Umfrage sind scheinbar 70% gegen ein Rauchverbot, dass das nicht repräsentativ ist sieht man daran, dass der Nichtraucheranteil in der Umfrage nur 44% beträgt (Österreich hat mindestens 2 Drittel Nichtraucher).

Wirklich gute Fragen wurden nicht gestellt, zum Beispiel:

Österreich ist Schlusslicht beim Nichtraucherschutz in Europa und Weltmeister bei den jugendlichen Rauchern.
Ich bitte Sie, berichten Sie weiter über dieses Thema.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Stefan Strasser