Sehr geehrte Damen und Herren in Rheinland-Pfalz, Deutschland und Österreich,

 als Quintessenz der Vorbereitungen und Gespräche mit den Abgeordneten am Mittwoch habe ich 4 - vermutlich vorgeschobene - Hauptargumente der CDU/CSU-Fraktionsspitze gegen das Tabakwerbeverbot herausgefiltert. Alle 4 Argumente kann man entkräften:

1)                  Für ein legales Produkt muss Werbung erlaubt sein.

Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) beispielsweise verbietet Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente außerhalb des Fachpublikums und generell für Schlafmittel gegenüber der Öffentlichkeit (§ 10), https://www.gesetze-im-internet.de/heilmwerbg/__10.html .

2)                  Mündige Bürger können selbst entscheiden.

Junge Menschen – auf welche die Tabakindustrie besonders zielt - haben nicht den Weitblick über die Folgen ihres Tuns. Genauso gut könnte man Opium zulassen und bewerben. Der Staat hat eine Schutzpflicht, siehe Gurtpflicht im Auto, Helmpflicht für Kraftfahrer. Ein praktisches Beispiel aus der Pfalz: Alljährlich im Frühjahr und Sommer gilt dort ein Fahrverbot für Motorradfahrer auf einer kurvenreichen Strecke, ein Schutz also auch von Erwachsenen vor ihrer eigenen Unvernunft. 

3)                  Die Verfassungsmäßigkeit wird bezweifelt.

a) Bereits 1997 stellte das Bundesverfassungsgericht fest:

Im übrigen käme als Maßnahme, die - neben der staatlichen Gesundheitsaufklärung - anstelle der Warnhinweise geeignet wäre, den bedenkenlosen Tabakkonsum einzudämmen, vor allem ein Werbeverbot in Betracht.
Quelle:
Urteil des Zweiten Senats vom 22. Januar 1997, 2 BvR 1915/91 – Rand-Nr. 62. Zur Frage, ob die Verpflichtung mit den Grundrechten vereinbar ist, auf Packungen von Tabakerzeugnissen Warnungen vor den Gesundheitsgefahren des Rauchens zu verbreiten.
https://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs19970122_2bvr191591.html 

b) Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages (WD) schreibt im Jahr 2016 (WD 10 - 3000 - 023/16), auf S. 10 und 11, https://www.bundestag.de/blob/422662/040afaa1c0932d1b22385d40cda025ac/wd-10-023-16-pdf-data.pdf :

„Der überragend wichtige Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, hat Vorrang vor den kommerziellen Interessen, ein Produkt zu bewerben. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich um ein besonders gesundheitsschädliches Produkt handelt, welches nach heutigen Maßstäben gar nicht mehr zugelassen werden dürfte.

Vor diesem Hintergrund ist es verhältnismäßig, die bislang bestehenden vielfältigen Werbemöglichkeiten für ein potenziell tödliches Produkt – im Gleichklang mit anderen europäischen Ländern – umfassend einzuschränken.

Ein Verbot der Außenwerbung, der Vorführung von Werbefilmen und Werbeprogrammen im Kino sowie des nationalen Sponsorings steht somit im Einklang mit Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG.“ 

Auch zur Berufsfreiheit äußert sich der WD und beruft sich dabei auf oben genanntes Urteil des Bundesverfassungsgerichts:

„Die umfassenden Werbeverbote (Außenwerbeverbot, Kinowerbung und nationales Sponsoring) sind bereits nach dem Maßstab der Meinungsfreiheit als verhältnismäßig anzusehen (s.o.); die Werbeverbote unter dem Gesichtspunkt einer reinen Berufsausübungsregelung der Tabakunternehmen im Rahmen des Art. 12 GG sind somit bei ähnlich gelagerter Interessenabwägung ebenfalls verfassungsgemäß, zumal es sich bei dem Schutz der Gesundheit um ein »überragend wichtiges Gemeinschaftsgut« handelt“.

4)                  Verbotsgefahr für andere Produkte.

Warum denn nicht, wenn hinreichend begründet?
Fett und Kohlenhydrate (Zucker) sind Grundnahrungsmittel, die Dosis macht es.
Tabak ist nicht notwendig, sondern immer gesundheitsschädlich. 

Mit freundlichen Grüßen

Eugen Hoppe-Schultze