Betreff: Re: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_02569/fname_312779.pdf
Von: Manfred Neuberger 
Datum: 14.02.2014 23:53
An: dagmar.belakowitsch-jenewein@parlament.gv.at
Kopie (CC): Erwin Rasinger, Marcus FRANZ 


Sehr geehrte Gesundheitssprecher!
Vermutlich haben Sie vor der gestrigen TV-Diskussion in ORF-III weder untenstehende eMail noch die unten angegebene Studie des Deutschen Krebsforschungsinstitutes gelesen und erinnern sich auch nicht an den in "Betreff" angeführten Entschließungsantrag, den Sie selbst unterstützten.
Sie, Frau Kollegin Belakowitsch-Jennewein könnten wenigstens ein Rauchverbot im Auto beim Mitführen Minderjähriger fordern (das sich in anderen Ländern bereits bewährt hat) und nicht Ihre Verantwortung zur Gänze auf die Eltern abschieben. Wenn Sie Ihren Worten Taten folgen lassen möchten, müssten Sie weiters eine Anhebung des Bezugsalters für Zigaretten auf 18 Jahre fordern sowie entsprechende Kontrollen. Nur Österreich und zwei weitere EU-Länder halten noch immer am Alter von 16 Jahren fest und kontrollieren nicht einmal das durch Testkäufe. Sie beklagten mangelnde Aufklärung über Folgen des Aktiv- und Passivrauchens, aber mir fehlte der logische Schluss, mehr in diese Aufklärung zu investieren. Die Schweiz investiert seit 2004 jährlich rund 15 Millionen Franken (2.6 Rappen pro verkaufter Zigarettenpackung) in Tabakprävention und konnte damit den Anteil jugendlicher Raucher signifikant senken.
Sie, Herr Kollege Rasinger haben sich zwar persönlich für das Rauchverbot in der Gastronomie ausgesprochen, resignieren aber offenbar vor einer kleinen Gruppe des ÖVP-Wirtschaftsbundes. Fragen Sie doch die Funktionäre der WKÖ, wieviel Geld der Tabakindustrie in ihre eigenen Taschen fließen, Geld, das den armen Süchtigen abgenommen wird. Die Lüge der Tabakindustrie vom Geschäftsrückgang durch Rauchverbote in der Gastronomie wurde schon von der IARC entlarvt. Seither bestätigten alle unabhängigen Studien, dass der einzige Verlierer ausnahmsloser Rauchverbote die Tabakindustrie war. Entschädigungszahlungen sind bei einem ausnahmslosen Rauchverbot keine erforderlich (weil die Schmutzkonkurrenz der Raucherzimmer wegfällt) und wären auch rechtlich nicht durchsetzbar. Denn es waren Funktionäre der WKÖ, die Wirte falsch berieten, sodass praktisch keiner der Umbauten zur Einhaltung des geltenden Tabakgesetzes führte, wie unsere Luftanalysen nachwiesen.
Von Kampagnen, auf die auch Sie, Kollege Franz, ablenken wollten, ist kein Erfolg zu erwarten, solange die Regierung durch schwache Gesetze und deren noch schwächere Durchsetzung unglaubwürdig bleibt. Nur die Tabakindustrie empfiehlt, Kampagnen auf unter 16jährige zu fokusieren, alle echten Experten raten davon ab. Schon die Youth Prevention and Communication Conference in Rom, zu der die EU Kommunikations- und Gesundheitsexperten eingeladen hatte, kam zu dem Schluss:  Tabakprävention für Kinder und Jugendliche muss sich auch an Erwachsene richten, wenn sie Erfolg haben möchte. Die EU gab konkrete Empfehlungen für Medien- und Gesundheitsexperten. Erfolgreiche Strategien gegen die Verführung zum Rauchen wurden in Australien und in den U.S.A. erprobt, wo das Rauchen bei Schülern stark reduziert werden konnte. Gesetze für eine rauchfreie Umwelt und eine ausreichende Finanzierung der Tabakprävention senkten die Raucherraten bei Jugendlichen am stärksten.
Bitte fordern Sie Tabaksteuererhöhung und Rauchverbot, denn beides gemeinsam wirkt am besten. Gerne stellen wir Ihnen dazu aktuelle wissenschaftliche Studien zur Verfügung, damit Sie in Zukunft nicht mehr auf die Desinformation des internationalen Tabakkartells und seiner österreichischen Schmiergeldempfänger angewiesen sind.
Mit freundlichen Grüßen
MR Dr Kurt Aigner & UProf. Dr. Manfred Neuberger
www.aerzteinitiative.at

Am 12.02.2014 16:18, schrieb Manfred Neuberger:
Nach den Erfahrungen in Australien, Nordamerika und Westeuropa helfen Schulprogramme kaum, sondern nur hohe Tabaksteuern, strenge Werbe- und Verkaufsbeschränkungen und eine rauchfreie Umwelt (inklusive Gastronomie).
Auch Kampagnen, die sich nicht an die Gesamtbevölkerung, sondern nur an Kinder und Jugendliche richteten, zeigten kaum Wirkung. Dagegen war ein Rauchverbot in allen Lokalen eine der effizientesten Maßnahmen.

-------- Original-Nachricht --------
Betreff: Was wirkt wirklich gegen das Rauchen bei Jugendlichen?
Datum: Wed, 12 Feb 2014 12:39:12 +0100
Von: Pötschke-Langer, Martina <m.poetschke-langer@dkfz-heidelberg.de>
An: Manfred NEUBERGER (Austria), Kurt AIGNER (Austria), Kurt Straif <StraifK@iarc.fr>, verena.elfehri@at-schweiz.ch <verena.elfehri@at-schweiz.ch>


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: journalisten-bounces@dkfz-heidelberg.de [mailto:journalisten-bounces@dkfz-heidelberg.de] Im Auftrag von Pressestelle DKFZ
Gesendet: Mittwoch, 12. Februar 2014 12:30
An: journalisten@dkfz.de Betreff: Was wirkt wirklich gegen das Rauchen bei Jugendlichen? Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft Nr. 07 12. Februar 2014 (MPL/Sel) Was wirkt wirklich gegen das Rauchen bei Jugendlichen? Deutsche Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren rauchen heute deutlich weniger als noch im Jahr 2001: Der Anteil rauchender Jugendlicher sank von 28 Prozent im Jahr 2001 auf 12 Prozent im Jahr 2012. Dieser Rückgang ist auf mehrere gesetzliche Maßnahmen zurück zu führen, die einen durchschlagenden Erfolg auf das Konsumverhalten Jugendlicher zeigten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Veröffentlichung des Deutschen Krebsforschungszentrums. "Vor allem nach den deutlichen Tabaksteuererhöhungen in den Jahren 2002 bis 2005 ging der Anteil der Raucher in dieser Altersgruppe deutlich zurück, von 28 Prozent im Jahr 2001 auf 18 Prozent im Jahr 2007", erklärt Dr. Martina Pötschke-Langer, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im Deutschen Krebsforschungszentrum und Herausgeberin des aktuellen Factsheets "Tabakprävention in Deutschland - was wirkt wirklich?". Ein weiterer Rückgang erfolgte laut Pötschke-Langer nach der breiten öffentlichen Debatte um den Nichtraucherschutz und der Einführung der Nichtraucherschutzgesetze in den Jahren 2007 bis 2010: Hier sank der Anteil rauchender Jugendlicher noch einmal deutlich von 18 Prozent auf 13 Prozent. Ebenfalls wirksam waren veränderte Jugendschutzgesetze mit einer Anhebung des Bezugsalters für Zigaretten zunächst auf 16 Jahre (2003) und später auf 18 Jahre (2007). Auch größere Warnhinweise auf Zigarett enpackungen seit 2002 und ein Tabakwerbeverbot für Printmedien und Internet 2007 unterstützten das Anliegen der Bundesregierung, Jugendliche vor den Gefahren des Rauchens zu schützen. Die Wissenschaftler um Pötschke-Langer aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum untersuchten in ihrer aktuellen Veröffentlichung auch die Wirkung von Schulprogrammen. Dabei fanden sie heraus, dass die deutschen schulischen Präventionsprogramme aktuellen Evaluierungen zufolge lediglich zwischen 9 und 15 Prozent der Schüler in den jeweiligen Altersstufen erreichen und bei nur einem Schüler einer Schulklasse den Einstieg ins Rauchen verhindern oder verzögern können. Wegen ihrer geringen Reichweite und geringen Wirksamkeit bescheinigen die Wissenschaftler den Programmen daher einen schwachen Einfluss auf das Rauchverhalten Jugendlicher. Dagegen behauptet nun die Tabakindustrie in Irland und dem Vereinigten Königreich, dass vor allem die Gesundheitserziehung in Deutschland erfolgreich gewesen sei und empfiehlt dieses "deutsche Modell" den dortigen Regierungen zur Nachahmung. Eigentliches Ziel dieser "Empfehlung" ist es jedoch, weiteren Regulierungen des Tabakmarktes, wie den Plänen zur Einführung standardisierter Verpackungen entgegen zu treten. "Die Ergebnisse unserer Untersuchung bestätigen den breiten internationalen wissenschaftlichen Konsens über die Wirksamkeit von deutlichen Tabaksteuererhöhungen auf das Rauchverhalten von Jugendlichen", sagt Martina Pötschke-Langer. "Wir weisen mit Nachdruck die Behauptungen der Tabaklobby zurück, dass die Erfolge in Deutschland auf Erziehungsprogramme zurückzuführen seien. Gleichzeitig möchten wir mit unserer Veröffentlichung Regierungen ermutigen, vor allem weitere gesetzliche und regulatorische Maßnahmen zu ergreifen, die einen Einfluss nicht nur auf das Rauchverhalten von Jugendlichen, sondern auf die gesamte Bevölkerung haben." Die DKFZ-Studie kann bei der Stabsstelle Krebsprävention bestellt (who-cc@dkfz.de) oder abgerufen werden unter:
www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/Publikationen/AdWfP/AdWfP_Tabakpraevention_in_Deutschland_was_wirkt_wirklich.pdf Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translati onale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren. Diese Pressemitteilung ist abrufbar unter www.dkfz.de/pressemitteilungen Ansprechpartner für die Presse: Dr. Stefanie Seltmann Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Deutsches Krebsforschungszentrum Im Neuenheimer Feld 280 69120 Heidelberg T: +49 6221 42-2854 F: +49 6221 42-2968 E-Mail: S.Seltmann@dkfz.de Dr. Sibylle Kohlstädt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Deutsches Krebsforschungszentrum Im Neuenheimer Feld 280 69120 Heidelberg T: +49 6221 42 2843 F: +49 6221 42 2968 E-Mail: presse@dkfz.de