Sehr geehrter Herr Dr. Mitterlehner
Es ist schlicht unwahr, wenn Sie behaupten, es würde sich
lediglich um Einzelfälle handeln. In meinem Heimatort (Laa an der
Thaya) finde ich kaum rauchfreie Lokale. Fast alle Lokale erlauben
das Rauchen, zum Teil illegal, zum Teil haben sie keine wirksame
Raumtrennung oder die Zwischentür ist ständig offen. Ähnlich ist
es auch in Mistelbach, in Hollabrunn und vermutlich in fast allen
ländlichen Gemeinden. Auch in Wien gibt es reichlich Lokale, die
sich nicht an den Nichtraucherschutz halten. Ich habe Asthma, ich
kann verrauchte Lokale nicht besuchen, deshalb ist mir das
bewusst. Ich kann trotzdem nicht glauben, dass Sie nicht bemerkt
haben wollen, wie häufig das Gesetz ignoriert wird. Passivrauch
zwingt Herz- und Lungenkranke entweder ein erhebliches
Gesundheitsrisiko in Kauf zu nehmen, oder auf den Besuch von
Lokalen zu verzichten. So wie mir geht es 400.000 Asthmapatienten,
400.000 Patienten mit einer behandlungspflichtigen COPD und
einigen 100.000 Herzpatienten. Passivrauch verursacht bekanntlich
einige hundert fremdverschuldete Todesfälle
jährlich.
Jedes Jahr sterben 12.000 bis 14.000 Personen vorzeitig, weil sie
geraucht haben. Die überwiegende Mehrheit begann im Kindes
oder Jugendalter mit dem Rauchen. Das fällt in Ihr Ressort!
Tabakprodukte machen Minderjährige süchtig. Ich bin Arzt
und arbeite im Unterricht an Krankenpflegeschulen. Etwa die Hälfte
meiner jungen Schülerinnen raucht, viele rauchen dann lebenslang.
Denken Sie, dass Erkrankungen (Krebs, Schlaganfall,
Herzinfarkt...) und Todesfälle durch Tabakprodukte weniger Leid
verursachen? Als Arzt habe ich dieses Leid oft genug gesehen! Ein
Arbeitskollege (starker Raucher) starb mit 39 an Lungenkrebs.
Ich zeichnete eine Karikatur. Sie ist bewusst
überspitzt, aber nicht real.
Tabak - verursachte Todesfälle sind aber real, sie
verursachen großes Leid.
Trotzdem reagierte die Politik in der vergangenen
Legislaturperiode darauf nicht mit der nötigen Konsequenz.
Sie werfen mir Zynismus vor. Wie beurteilen Sie nun Ihre Antwort
gegenüber den Tabakopfern und deren Angehörigen?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Stefan Strasser
Am 07.08.2013 17:29, schrieb Mitterlehner, Reinhold:
Sehr
geehrter Herr Dr. Strasser!
Die
nunmehr gültige Nichtraucherschutzregelung, die in die
Zuständigkeit des Gesundheitsministers Stöger fällt, ist
natürlich eine Kompromisslösung. Diese wurde von der Politik
gemeinsam mit der Wirtschaft ausverhandelt und kommt dem
Schutz der Nichtraucher und somit dem Bedürfnis einer
breiten Bevölkerungsgruppe entgegen. Dass es bei der
Umsetzung der Regelung in Einzelfällen zu Problemen kommt,
die vielleicht sogar als Ungerechtigkeit empfunden werden,
möchte ich nicht leugnen und ist wohl Folge eines jeden
Kompromisses.
Auf
den Vorwurf, dass bestehende Gesetze weder kontrolliert noch
eingehalten würden, weise ich darauf hin, dass
pauschalierende Vorwürfe dieser Art nicht geeignet sind, zu
einer sachlichen Diskussion beizutragen. Im Übrigen halte
ich fest, dass durch Geisterfahrer verursachte
Verkehrsunfälle unendliches Leid verursachen. Ich betrachte
es daher nicht zuletzt gegenüber den Unfallopfern und deren
Angehörigen gegenüber als einigermaßen zynisch, wenn
tragische Verkehrsunfälle für politische Polemik karikiert
werden.
Mit
freundlichen Grüßen
Dr.
Reinhold Mitterlehner
Sehr geehrter Herr Minister Stöger!
Sehr geehrter Herr Minister Dr. Mitterlehner!
Sehr geehrte Bundesministerinnen und Bundesminister!
In den letzten Jahren hat sich die Einstellung der Bevölkerung
gegenüber Tabakrauch grundlegend geändert. Tabakrauch wird von
einer überwiegenden Mehrheit als gesundheitsschädigende
Belästigung wahrgenommen. Zahlreiche andere Länder sind
inzwischen weitgehend rauchfrei geworden, darunter auch
Spanien (dessen Gesetz Österreich übernommen hat). Das
Tabakgesetz gilt in dieser Form bereits seit Jahren, aber es
ist offensichtlich für Wirte kaum nachvollziehbar. Das
Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, dass der erste Raum
rauchfrei zu sein hat, hat die Wirte überrascht und stark
verunsichert. Seit Jahren haben tausende Gastwirte das
Tabakgesetz offensichtlich falsch ausgelegt. Trotzdem will man
kurioserweise sogar prüfen, ob eine Amtshaftung
seitens des Ministeriums vorliegt.
Es ist klar, dass das Thema emotional stark besetzt ist, die
Situation ist politisch schwierig. Klar ist auch, dass sich
Österreich nicht ewig davor drücken kann, Lokale generell
rauchfrei zu machen. Österreich ist bereits als
gesundheitspolitischer Geisterfahrer in
der EU unterwegs (siehe Bild).
Was wäre nun ein zielführender Weg?
Die Gastwirte und die WKO wollten dieses Gesetz, es wurde von
der WKO immer wieder als guter Kompromiss verteidigt. Die
Einhaltung des Gesetzes wurde aber nicht kontrolliert,
und deshalb wird es weitgehend ignoriert. Würde dieses
Gesetz nur für wenige Monate von den Behörden und auch von der
Polizei aktiv kontrolliert, dann würden sich viele
Gastronomen für ein einheitliches, besseres Gesetz
aussprechen. Die Diskussion
unter den Gastwirten hat bereits begonnen. Gesetze
müssen eingehalten werden, dagegen kann auch eine mächtige
Lobby nichts ausrichten. Dass dieses Gesetz auf Dauer nicht
tragbar ist, würde so - auch für die Gastwirte -
offensichtlich. Strenge Kontrollen schaffen also die
Voraussetzungen für ein besseres Gesetz in der nächsten
Legislaturperiode.
Mir freundlichen Grüßen
Dr. Stefan Strasser