Betr.: Bezugsverbot für Zigaretten / Sanktionen / Zigarettenautomatenverbot
16 Jan 2017 11:43
Sehr geehrte Frau Minister Dr. Karmasin,
sehr geehrte Landesjugendreferentinnen und
Landesjugendreferenten,
sehr geehrte Damen und Herren!
Ich freue mich sehr über Ihren gelungenen Vorstoß beim
Bezugsverbot für Zigaretten. Da alle Länder bereits Zustimmung
signalisiert haben, hoffe ich, dass Sie bei der
LandesjugendreferentInnenkonferenz einen großen Erfolg verbuchen
können.
Offen scheint noch die Frage der Sanktionen.
Ich denke, dass man Jugendliche nicht bestrafen sollte, wenn
sie Zigaretten probieren. Der eigentliche Fehler geht immer von
den Erwachsenen aus. Sie haben ein süchtig machendes Produkt an
Jugendliche verkauft oder weitergegeben. Dazu gibt es eine neue
Studie, die von Prof. Neuberger kürzlich präsentiert wurde (Bezugsquelle
für Zigaretten).
- Kontrollieren muss man also in erster Linie die Trafikanten!
- Das wäre möglich mit Hilfe von jugendlichen Testkäufern.
Das ist leider nicht in allen Bundesländern möglich, da sich
dann die Testkäufer selbst strafbar machen würden, für sie
ist der Erwerb von Tabakprodukten ebenso verboten. Hier
müsste man eine Ausnahme für Testkäufer im Gesetz vorsehen.
Durchgeführt wird das meines Wissens in Oberösterreich,
Vorarlberg und der
Steiermark.
- Alternativ können Sie Testkäufer vorschlagen, die zwar das
Alterslimit erfüllen, aber jung aussehen.
Hier kann aber lediglich überprüft werden, ob der Trafikant
den Ausweis verlangt.
- Die Medien berichten, dass lediglich ein Konsumverbot aber
kein Verkaufsverbot vorgesehen ist. Trafikanten
würden sich jedenfalls einer Beitragstäterschaft schuldig
machen (VStG
§ 7). Bitte verankern Sie trotzdem
ausdrücklich, wie im Wiener Jugendschutzgesetz
§ 11 Abs 2, dass Tabakprodukte nicht an Jugendliche
abgegeben werden dürfen.
- Die Strafhöhe bei Verstößen werden sie sicherlich klar
definieren. Bei wiederholten Verstößen sollte sogar der
Entzug der Lizenz drohen, sonst haben wir ein ähnlich
zahnloses Gesetz, wie beim Nichtraucherschutz (die Wirte
zahlen oftmals einfach die Strafe, und erlauben das Rauchen
weiterhin.)
- Die Trafikanten und die MVG haben kürzlich auf ihre Selbstkontrolle
unter dem Namen "Alter,
check's!" verwiesen. Bitte lassen Sie sich davon nicht
täuschen, überprüft werden lt. Standard
pro Jahr nur 600 von 2.500 Fachgeschäften und 3.500
Verkaufsstellen, also nur 10%, und das ohne
abschreckende Sanktionen. Die Monopolverwaltung
beschäftigt zwar (laut Auskunft von
Dr. Pietsch, Gesundheitsministerium) 120 Kontrolleure, die
haben aber bisher beim Jugendschutz versagt, sonst wäre die
extreme Anzahl an jugendlichen Rauchern nicht möglich.
- Wie schon gesagt, Jugendliche sind die Opfer eines
verantwortungslosen Umgangs mit dem Suchtmittel Tabak, sie
sind keine Täter. Strafen sind hier nicht angebracht. Es macht
aber Sinn, die Daten der Jugendlichen aufzunehmen und den
Verstoß an die Eltern zu melden. Bei wiederholten Verstößen
kann man dann eine verpflichtende Suchtberatung vorsehen,
damit die Jugendlichen schnell wieder vom Suchtmittel
loskommen.
Viele Politiker haben angemerkt, dass die Anhebung des
Bezugsalters nicht genug ist. Das ist natürlich richtig. 
In den letzten Tagen haben Sie sicher die Diskussion um das
Zigarettenautomatenverbot mitverfolgt.
- Zigarettenautomaten entsprechen wahrscheinlich nicht der
EU-Richtlinie TPD 2. Auch im österreichischen TNRSG steht: Allgemeine Bestimmungen § 6. (3) Die
gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf einer Packung oder
Außenverpackung (...) dürfen weder vollständig noch
teilweise durch (...) sonstige Gegenstände verdeckt (...)
werden. Ein Automat ist ein "sonstiger Gegenstand",
er verdeckt alles!
Ich gehe davon aus, dass derzeit alle Automaten illegal sind.
- Unterstützen Sie bitte ein Zigarettenautomatenverbot.
- Jugendliche können so leicht an Tabakprodukte herankommen.
Sie müssen nur die Bankomatkarte eines älteren Freundes
ausleihen, und schon ist jede Altersbeschränkung überwunden.
- Viele alte Automaten besitzen noch immer kein Einschubfach
für die Bankomatkarte. (Das ist laut Dr. Pietsch,
Gesundheitsministerium noch immer legal. Diese Automaten
gehören teilweise der MVG!)
- Moderne Automaten erlauben die Bezahlung mit dem Handy.
Auch hier kann der Jugendschutz leicht umgangen werden.
- Außerdem werden Zigarettenautomaten zur Außenwerbung
missbraucht. Man findet Automaten an allen größeren Bahnhöfen
und Haltestellen, die grafischen Warnhinweise (sog.
Schockbilder) werden versteckt (das ist eindeutig illegal),
die Texthinweise sind verschwindend klein (siehe Bild,
aufgenommen im Nov. 2016 im Europark Salzburg,
Bahnhaltestelle).
Begleitende Maßnahmen wären natürlich begrüßenswert.
- Manche Politiker verweisen hier gerne auf die Verantwortung
der Eltern. Das ist allerdings wenig hilfreich, es hat
offensichtlich bisher nicht funktioniert. Im Gegenteil, viele
Raucher lebten als Kind in einem Raucherhaushalt, und begannen
deshalb.
- Wenn man Jugendlichen glaubhaft vermitteln will, dass
Tabakprodukte gefährlich sind, dann darf das nicht durch die negative
Vorbildwirkung von erwachsenen Rauchern konterkariert
werden. Jugendliche sehen ständig Raucher in der
Öffentlichkeit, wenn das Rauchen dermaßen "normal" ist, dann
ist es fast unmöglich, ein realistisches Bild von der Gefahr
zu vermitteln. Die Lokale werden (hoffentlich) 2018 rauchfrei,
aber es bleibt noch viel zu tun. Besonders problematisch ist
es z.B., wenn Lehrer gemeinsam mit Schülern am Schulhof
rauchen. Wir brauchen ein funktionierendes Rauchverbot am
Schulhof, auf Spielplätzen, in frequentierten
öffentlichen Bereichen wie Bahnhöfen und Haltestellen,
Freizeiteinrichtungen, Theatern,...
- Eine sehr wirkungsvoll Maßnahme wäre, wenn man zeitgleich
die Tabaksteuer und damit die Zigarettenpreise deutlich
anhebt. Das schreckt jugendliche Raucher ab. Das so
gewonnene Geld kann man dann gerne in Präventionskampagnen
investieren.
Diese Vorschläge fallen teilweise in den Kompetenzbereich des
Gesundheitsministeriums, Frau Minister Dr. Oberhauser hat
Zustimmung zu Ihren Bemühungen signalisiert. Vielleicht ist sie
bereit, das Rauchverbot in der Öffentlichkeit auszuweiten.
Sie haben die Unterstützung der Bevölkerung,
79 % sehen Ihre Bemühungen positiv. Nochmals danke und
viel Erfolg!
Dr. Stefan Strasser (Laa an der Thaya)