Tabakgesetz: kein Fortschritt in Österreich ohne EU-Hilfe
Seit Minister Außerwinkler uns endlich ein Tabakgesetz beschert hat, wurde es nur soweit novelliert, als EU-Direktiven dies zwingend verlangten. Wichtig war dabei die erst 2005-2007 in österreichisches Recht aufgenommene EU-Richtlinie 2003/33/EG mit umfassenden Verboten von direkter und indirekter Tabakwerbung (einschließlich Sponsoring) zum Schutz unserer Jugend, die auch ein Tabakwerbeverbot in Printmedien verlangte. Damit wurde endlich der Teufelskreis zum Teil durchbrochen, der durch Abhängigkeiten der Politiker von der Berichterstattung über sie in Zeitungen einerseits und durch Abhängigkeiten der Zeitungsverlage von Tabakwerbeeinnahmen und dem Vertrieb durch Trafikanten andererseits entstanden war. Weiters gilt in Schulen ab 2005 jetzt endlich das Rauchverbot, das schon die Minister Busek und Außerwinkler für die gesamte Schulliegenschaft vorgesehen hatten. 
Völlig unverständlich fanden wir Ärzte, dass Verletzungen des gesetzlich vorgeschriebenen Nichtraucherschutzes (§12, §13 Tabakgesetz), der schwere Gesundheitsschäden und sogar Todesfälle von Unschuldigen zur Folge haben kann, in der Novelle 2004 weiterhin (nach §14) nicht geahndet wurde. Anstatt den Schul- oder Krankenhausdirektor, Amtsleiter, etc. zur Einhebung von Verwaltungsstrafen zu ermächtigen, konnten sich nach dieser Gesetzesnovelle alle Verantwortlichen ihrer Aufsichtspflicht entledigen, indem sie Rauchverbotstafeln anbringen ließen! Sie mussten nicht einmal dafür sorgen, dass die Aschenbecher entfernt wurden. Dabei wissen wir aus Studien, dass auch unter Rauchverbotsschildern geraucht wird, wenn ein Aschenbecher dazu einlädt. Wenn Rauchverbotsschilder nicht mehr ernst genommen werden und das Rauchen unter Verbotsschildern zur Mode wird, freut sich die Tabakindustrie. Selbst an der Universität, wo Rauchen seit 1995 verboten ist, kämpften Studenten bis 2006 vergeblich um rauchfreie Arbeitsplätze. Die verantwortlichen Politiker waren nicht einmal bereit, bereits bestehende Gesetze durchzusetzen und haben auch aus dem Scheitern "freiwilliger Vereinbarungen" in der Vergangenheit nichts gelernt. Rauch-Kallat ließ sich in Tabakfragen von Waneck (FPÖ) leiten. Erst durch das Koalitionsabkommen gab es 2007 endlich auch für Angestellte im Gastgewerbe Hoffnung auf rauchfreie Atemluft wie in anderen Ländern in Europa und Übersee. Doch ausgerechnet eine Ärztin verstand nicht, dass Wirte ihren Angestellten und Gästen gesundheitsgefährdende Atemluft ebensowenig anbieten dürften, wie gesundheitsgefährdendes Essen. In Lokalen "Nichtraucherplätze" zu schaffen, war eine Farce, denn Feinstaub und gasförmige Schadstoffe halten sich nicht an die gedachten Grenzen zwischen "Raucher- und Nichtrauchersektion".

Italien und Südtirol konnten dagegen schon ab 2005 aufatmen: Rauchen ist in diesem vorbildlichen Fremdenverkehrsland auch in öffentlich zugänglichen Lokalen verboten, ausgenommen in räumlich getrennten Raucherzimmern ohne Speisenanbot. Dort sind die Vorschriften für die Lüftungsanlagen so streng, dass weniger als 1% der Lokale von dieser Möglichkeit Gebrauch machten.12 Monate nach Einführung des Rauchverbotes in ganz Italien zog das Gesundheitsministerium folgende Bilanz: Es wurden rund 6% weniger Zigaretten verkauft und eine halbe Million Italiener hat mit dem Rauchen aufgehört. 90% der Bevölkerung finden das Rauchverbot gut und 9,6% gehen jetzt häufiger in Restaurants als früher.

Auf den Balearen sind seit 10.7.05 alle öffentlich zugänglichen Innenräume (außer Bars und Vergnügungslokale ohne Speisen) rauchfrei.
Der Schweizer Kanton Solothurn beschloss eine rauchfreie Gastronomie ab 2007, mit Übergangsbestimmungen bis Ende 2008. Der Kanton Bern folgte 2009. Im Tessin, wo 79,1% für rauchfreie Restaurants stimmten, werden auch für Diskos und Bars keine Ausnahmen mehr zugelassen. Dieser Kanton hatte bereits schlechte Erfahrungen mit einer ähnlichen Regelung gemacht, wie sie die österreichische Gesundheitsministerin mit dem Arbeitgeberverband der Gastronomie vereinbarte (Tische als "Nichtraucherzone") und schloss aus der Ineffizienz dieser Maßnahmen gegen Passivrauchen, dass ein absolutes Rauchverbot in allen öffentlichen Lokalen unumgänglich ist. Der Änderung des Gaststättengesetzes war eine Petition von 11 500 Bürgern vorausgegangen und das eindeutige Votum einer Expertengruppe. Die Gefahr, dass Restaurants und Bars in Folge des Verbots Kunden verlieren könnten, sieht man nicht. "Die Gäste werden sich rasch an das neue Gesetz gewöhnen, und für das Personal ist es eine grosse gesundheitliche Entlastung",sagte Claudio Belloli, der Präsident des Tessiner Wirteverbandes, auf Anfrage. "Wir Wirte werden überdies weniger Schäden an Böden, Toiletten und Möbeln haben und zudem weniger Vorhäng waschen müssen". Heute unterstützen bereits 3 von 4 Schweizern ein Rauchverbot in öffentlich zugänglichen Räumen. Trotzdem glaubt die Wirtevereinigung der Ostschweiz noch immer an freiwillige Maßnahmen, die sich bisher überall als Flop erwiesen. Aber Graubünden hat den nachhaltig positiven Effekt seines Rauchverbotes von 2008 auf die Herzinfarktrate bei Nichtrauchern (Passivrauchern) nachgewiesen, inzwischen stimmten bereits 15 Kantone für ein Rauchverbot und endlich wird eine gesundheitlich akzeptable Lösung für die gesamte Schweiz angepeilt.

Noch fortschrittlicher ist die Tabakgesetzgebung in anderen Ländern, von denen sich Österreich ein Beispiel nehmen sollte, wenn es in
Europa nicht zum Schlusslicht werden will. In U.S.A. fielen dadurch die Schadstoffbelastungen im Blutserum um 70%. Kalifornien ersparte sich durch Anti-Rauch Maßnahmen in 15 Jahren 86 Milliarden Dollar an Gesundheitskosten (7,3% der gesamten Gesundheitskosten im letzten Jahr). Zuerst nahmen die Herkreislauferkrankungen und schließlich auch die Krebserkrankungen ab.  Irland, Italien, Norwegen, Malta und Schweden haben das Rauchen an allen Arbeitsplätzen, einschließlich Gaststätten, verboten. Dieses Verbot gilt in Irland und Norwegen ohne Ausnahmen und hatte beim Personal und den Gästen einen starken Rückgang der Schadstoffbelastung zur Folge, ohne dass es dadurch in den Wohnungen der Raucher zu einer Zunahme der Belastung kam. Auch Schweden, Slowenien und die Tourismusinsel Malta erlauben das Rauchen nur mehr in besonders gekennzeichneten Raucherräumen, durch die kein Nichtraucher gehen muss (z.B. ein Kellner), und die von anderen Räumen vollständig getrennt sind (durchgehende Wände, abgedichtete, selbstschließende Türen, separate Belüftung). In Schweden und Slowenien wurden dem Gastgewerbe separat belüftete Raucherzimmer nur dort gestattet, wo weder Speisen noch Getränke serviert werden. Vor dem Rauchverbot war die Luftqualität in norwegischen Gaststätten z.T. schlechter als in der Schwerindustrie, danach so gut wie in Büros und die Nikotinausscheidung im Harn der Angestellten nahm um rund 90% ab. Seit Einführung der Rauchverbote in Italien (wo Raucher bis 250,- € Strafe bei Übertretung zahlen und Wirte bis 2200,- €) haben sich bereits viele Raucher entschlossen aufzuhören. 77% der befragten Apotheken haben 10-30% mehr Nikotinersatzpräparate verkauft und 22,5% melden sogar eine Zunahme von 30-60%  Jedenfalls ist unseren Kollegen in Irland, Italien, Malta, Norwegen und Schweden von Herzen zu gratulieren, dass ihre Bemühungen (bei einsichtigeren Politikern als in Österreich) auf fruchtbaren Boden fielen: Vivat, crescat, floreat !
Frankreichs Gastronomie wurde 2008 rauchfrei. In englischen Pubs und Clubs darf schon seit 2006 nicht mehr geraucht werden. Bayrische Gaststätten (inklusive Bierzelte), Krankenhäuser und andere öffentliche Einrichtungen folgten dem Beispiel der Schulen in die Rauchfreiheit. In Schottland hat man vor Beschluss des ab 2006 geltenden Rauchverbotes, das auch für das Gastgewerbe gilt, die wissenschaftlichen Grundlagen über Vor- und Nachteile genau geprüft und kam zu dem Schluss, dass Nichtraucher und Raucher Vorteile und die Wirte zumindest keine wirtschaftlichen Nachteile haben. Auch in Österreich wäre der einzige Verlierer bei einem Rauchverbot an allen Arbeitsstätten und öffentlich zugänglichen Räumen das internationale Tabakkartell und besonders die "Austria Tabak", die einer japanischen Firma (Japan Tobacco) gehört. Aber unsere Regierung sorgt sich offenbar mehr um die Geschäfte dieser Firma als die Gesundheit seiner Bürger. Schon der frühere Eigentümer der ATW, die britische Gallaher, durfte im österreichischen Gastgewerbe uneingeschränkt agieren, während sie in Irland durch das Rauchverbot bereits 2004 11% Umsatzrückgang erlitt. Und während Schweden seine Tabakindustrie auch dann besteuert, wenn sie als Exporteur ihre Gewinne im Ausland macht (und dort ein zweites Mal besteuert wird), zögert unser Finanzminister auch bei Einfachbesteuerung noch immer, die fetten Profite der Konzerne zu schmälern, die sie in Werbung und Sponsoring investieren, um unsere Jugend zu verführen. Während in Canada der Verkauf von Zigaretten an Minderjährige mit über 10.000,- $ bestraft wird, werden in Österreich die Selbstbedienungs-Automaten gefördert und Minister Bartenstein blockiert ihr Verbot seit einem Jahrzehnt.

Österreich wird zwar von der Tabakindustrie gerne als "glückliche Raucherinsel" dargestellt und jedes Verbot als diktatorisch gebrandmarkt, aber schon eine Umfrage des Gallup-Instituts zeigte, dass sich die Mehrheit der Österreicher nicht nur rauchfreie Büros (61%), sondern auch rauchfreie Lokale (56%) wünscht. Dabei waren 44% der befragten Menschen, die für ein Rauchverbot in Gaststätten wären, selbst Raucher. Das hängt auch damit zusammen, dass bereits 69% der Raucher schon überlegt haben, mit dem Rauchen aufzuhören. Die Einführung eines wirklichen Rauchverbotes in allen öffentlich zugänglichen Räumen (Arbeitsplätze, Lokale, Ämter, etc.) würde laut Umfrage 23% der Raucher in Österreich dazu motivieren, aufzuhören. Die meisten Raucher sind vernünftige Menschen, die wissen, dass Tabakrauch nicht nur lästig sondern auch gesundheitsschädlich sein kann. In Ländern wie Italien oder Irland wurde daher selbstverständlich akzeptiert, dass auch Kellner(innen) Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz haben. Aber in Österreich sorgen sich Politiker um Umsatzeinbußen der Tabakindustrie statt um die Gesundheit der Bevölkerung!  Etliche der neuen EU-Mitglieder haben bereits größere Fortschritte zu verzeichnen während Österreich immer mehr zurückfiel, bis es schließlich 2007 zum Schlusslicht in der EU wurde, nicht wegen der Uneinsichtigkeit seiner Bevölkerung, sondern wegen der Unbelehrbarkeit einiger Politiker, die wir so rasch wie möglich abwählen sollten.